Dass man mit der Deutschen Telekom viel Spaß haben kann, ist ja nichts Neues. Aber mit jeder Änderung läuft der Irrsinn des magenta-farbenen T zu neuen Höhen auf. Nach monatelangen Problemen mit meinem lahmenden DSL-Anschluss, sollte es endlich möglich sein, in meiner Straße VDSL zu bekommen. Nein, diesmal wirklich. Was soll das schon schiefgehen…
Oktober 2009
Mein ADSL 6000-Anschluss, über den ich nur mit 3 Mbit nutzen kann, schafft nicht mal mehr diese Bandbreite. Teilweise gehen nur noch 50 KB/Sekunde durch. Mein Problem: die Vermittlungsstelle ist 5km weit weg (wohlgemerkt in der Großstadt Hamburg) und damit ist analoges DSL über die weite Strecke problematisch. Warum es zwei Jahre lang einwandfrei funktioniert hat und plötzlich nicht mehr, kann der Techniker auch nicht beantworten. Aber nach viel Hin und Her zieht ein Techniker los und findet die Ursache. „3 Mbit hätten Sie nie bekommen dürfen. Ihre Leitung schafft eher 1 Mbit. Und bei der Dämpfung, die ich hier messe, vermutlich nicht mal das. Warum nehmen Sie kein VDSL? Dann können Sie über Entertain auch gleich Fernsehen.“ Na, super. Ob die Werbung jetzt von Astra 1B oder über Kupfer kommt, ist mir doch egal. Wir sind im Jahr 2009. Neun Jahre nach der Jahrtausendwende, wo man früher angenommen hat, man würde mit seinem Jetpack zur Arbeit fliegen und Kolonien auf Mars und Mond haben. Nein, wir sind auf der Erde. Das Problem: VDSL ist bei mir nicht verfügbar. Ein Ausbau ist nicht geplant. Mein regionaler Provider des Vertrauens steckt mir aber, dass der Ausbau von VDSL bereits Anfang 2010 geplant wäre. Die Telekom-Hotline weiß davon natürlich noch nichts.
November 2009
Meine ADSL-Leitung ist praktisch unbenutzbar. Ich miete mir einen Strato-Server und verschiebe meinen Webserver für workaround.org und alle möglichen Email-Domains dorthin. Meine DSL-Leitung schafft momentan 0,5 Mbit. Es dauert Tage, bis die Daten zu Strato getröpfelt sind.
Dafür ist laut Telekom-Internet jetzt endlich VDSL buchbar. Ich kann es noch gar nicht glauben. Über Internet auf der Telekom-Website ist die Buchung aber irgendwie doch nicht möglich – mir wird ein DSL16000-Anschluss angeboten. Wohlgemerkt bis zu 16 Mbit. Also genau das, worunter ich gerade schon leide, denn meine 0-500 kbps sind auch bis zu.
Die Telekom-Hotline versucht ihr bestes, aber nach der VDSL-Buchung bekomme ich nur die Aussagen, dass der „technische Auftrag“ im System immer wieder abgelehnt wird. Aber VDSL ist definitiv verfügbar. „Sonst würde ich es im System nicht buchen können.“ Als ob auf das System Verlass wäre. Schon der erste Satz am Telefon ist doch routinemäßig: „heute spinnt die EDV hier irgendwie„. Mittlerweile begrüße ich die Telekom schon mit meinem Namen und schiebe gleich hinterher „…und ich weiß, dass die EDV bei Ihnen heute spinnt„.
Dezember 2009
In meinem unendlichen Optimismus rufe ich turnusmäßig bei der Telekom an und frage mal wieder nach VDSL. Mittlerweile begrüßt mich der Hotline-Sprachcomputer schon mit „Geht es um dasselbe Thema wie bei Ihrem letzten Anruf?„. („Ja, verdammt.“ wird übrigens nicht als „Ja“ interpretiert.) Und siehe da, die unterbezahlte Dame im Call-Center kann VDSL für mich buchen. „Das Problem ist nur, einen Technik-Termin zu bekommen.“ Egal, welchen Termin sie für mich bucht – der Techniker-Termin verschiebt sich immer um eine Woche nach hinten. „Ich bin schon im Januar 2010 – das kann doch nicht sein.“ Sie ist wohl noch nicht lange bei der Telekom, wenn sie sich über so etwas noch wundert. In einem zweiten Anlauf klappt es dann. Der Termin ist der 15.1.2010. Sie brauchen also einen Monat, um zwei lächerliche Kupferlitze umzudrahten?
Außerdem kann sie mir nur VDSL25 (25 Mbit) buchen und nicht VDSL50 (50 Mbit). Das ist zwar kein Beinbruch, denn es mir doch egal, ob meine Leitung 500x oder 1000x schneller wird. Aber es wundert mich trotzdem. Denn über Internet wurde es mir zur Buchung angeboten. „Sonst nehmen Sie doch das Entertain-Paket – das kann ich mit VDSL50 buchen.„, schlägt mir die Dame am Telefon vor. Ich will aber kein Entertain. Ich will damit nicht fernsehen – ich möchte einen Internetzugang haben. „Ist denn Entertain soviel teurer?„, fragt mich die Dame. Woher soll ich das wissen? Die Hilflosigkeit der Kundenberaterin ist mit Händen zu greifen. „Sonst nehmen Sie doch erstmal VDSL25 und machen danach eine Änderung auf VDSL50.“ Bevor sie auf noch esoterischere Gedanken kommt, buche ich lieber VDSL25. „Mein Kollege sagt mir gerade, dass es VDSL50 nur in Verbindung mit Entertain gibt.“ So ein Blödsinn. „Dann fragen Sie doch mal einen anderen Kollegen, der das besser weiß.„, witzel ich noch durch die Leitung. Die Beraterin senkt die Lautstärke ihrer Stimme und flüstert: „Das kann ich nicht machen. Der eine Kollege von eben würde das mitbekommen, wenn ich jemand anderen frage.“ OMFG. Die Telekomiker haben echt nicht alle Kekse in der Dose. Mein Kollege Björn bringt es auf den Punkt: „Wo ist das Problem? Du hast doch eigentlich schon Entertain. Oder wie würdest du den Unterhaltungswert der Telekom-Hotline sonst bezeichnen?“
Nach dem Auftrag frage ich mich, ob ich denn eigentlich mit meinem Splitter und Modem aus dem ADSL-Zeitalter hinkomme oder ob ich neue Geräte brauche. Irgendwas hab ich doch vorhin noch im Kleingedruckten gesehen. Also noch mal die Hotline angerufen. Nein, natürlich funktionieren meine Geräte nicht. Mir wird angeboten, einen Speedport-Router zu kaufen, der auch „Entertain“ kann. (Lasst mich doch alle zufrieden mit eurem Internet-Fernsehen. Das interessiert mich nicht die Bohne.) Ich möchte aber nur ein Modem haben, weil dahinter mein Linux-Router hängt. Sowas gibt’s anscheinend nicht. Der empfohlene Router soll sportliche 150€ kosten. Ich dreh ab. Den Splitter schicken Sie mir selbstverständlich noch rechtzeitig zu. Wer’s glaubt. Immerhin hab ich nach etwas Recherche herausbekommen, dass ich ein Speedport 300HS als Modem brauche, welches dann auch zügigst via eBucht ersteigert wird.
13.1.10 (Mittwoch)
Der Monat ist langsam vergangen. Noch zwei Tage bis zur Umschaltung auf VDSL. Ein Telekomiker ruft mich auf meinem Handy an und will noch mal den Termin für Freitag bestätigen. Er bringt aber auch eine schlechte Nachricht mit: „Die Kollegen haben hier bei der Buchung einen Fehler gemacht. Ich habe das gerade korrigiert. Aber Sie haben noch keinen VDSL-fähigen Splitter oder? Den schicke ich sonst gleich raus.“ Ich kann mir kaum vorstellen, dass der pünktlich ankommen würde. Also akzeptiere ich den Plan B, mir aus einem Telekom-Shop einen Splitter zu holen. Ich will da vorher einmal anrufen, um zu klären, dass die auch einen da haben. Im Telefonbuch ist der Shop schnell gefunden, aber ich muss hysterisch kichern, als ich deren Rufnummer sehe: 0800-3301000. Neulich hatten sie im Telefonbuch doch noch die Telefonnummern der Shops – und jetzt steht da überall die typisch dämliche Standard-Hotline-Nummer der Telekom. Also wieder die Hotline anrufen. Die geben mir auf heftiges Drängeln eine andere Rufnummern, die vermeintlich zu dem Laden gehört. Auf der neuen Rufnummer geht ein verwirrter Herr ran, der „gerade niemandem in dem T-Shop erreichen“ kann. Wieso muss er in dem Laden anrufen? Ich dachte, die Nummer gehört zu dem Laden? Eine Auskunft bekomme ich nicht. Dafür aber am späten Nachmittag einen Splitter – der Laden hatte nämlich tatsächlich welche auf Lager. Die Laden-Mitarbeiterin wünscht mir mir viel Spaß mit VDSL, aber ich empfehle ihr, mir lieber viel Glück zu wünschen. „Warum? Was sollte denn da schiefgehen?“ Sie scheint noch nicht lange bei der Telekom zu arbeiten.
Lustigerweise funktioniert mein ADSL-Anschluss mit dem neuen Splitter auf Anhieb besser und ich habe bis zu 3 Mbit. Ist mein Splitter verbogen gewesen?
15.1.10 – 11:30 (Freitag)
Der Telekom-Techniker ruft an. Der DSL-Anschluss wird für ca. 1 Stunde nicht verfügbar sein. Ich darf aber das neue DSL-Modem schon anschließen, damit er die Leitung prüfen kann. DSL am Freitag? Das kann nur schiefgehen. Also schnell die Ehefrau anrufen, damit sie die Finger aus der Tiramisu nimmt und das neue Modem anstöpselt.
15.1.10 – 12:30
Der Techniker ruft wieder an. Er hat die VDSL-Leitung in beide Richtungen getestet und angeblich funktioniert sie. Eigentlich müsste ich mit DynDNS die neue IP-Adresse sehen, aber nichts passiert. 10 Minuten lang telefoniere ich mit dem Techniker – nichts. Immerhin ist er technisch versiert und kann mit „Linux“, „Router“, „Modem“, „Ethernet“, „100 Mbit“ und „DynDNS“ etwas anfangen. „Manchmal gibt es auch ältere T-Online-Zugänge, die nicht mit VDSL funktionieren. Aber das wird bei Ihnen bestimmt nicht der Fall sein.“ Sehr beruhigend. Ich kann also nur warten.
15.1.10 – 16:00
Noch immer keine neue IP-Adresse im DynDNS. Also die Hotline wieder angerufen. Angeblich wäre alles okay, aber der Anschluss wäre noch nicht für VDSL freigeschaltet. Außerdem gibt es in Hamburg eine Großstörung. Es müsste aber bald alles funktionieren. Meine Kollegen unken schon, dass VDSL die Abkürzung für „Vielleicht-DSL“ sein könnte. Meine Hoffnung auf VDSL schwindet.
15.1.10 – 20:00
Mittlerweile bin ich zu Hause – und nichts funktioniert. Im Logfile steht nur „Timeout waiting for PADO packets“. Also bekomme ich nicht mal eine Verbindung zum DSLAM. Es hat also eher nichts mit meiner nicht freigeschaltenen T-Online-Kennung zu tun – hier scheint ein fundamentaleres Problem vorzuliegen. Das ist nicht gut. Besonders nicht am Freitagabend. Wieder die Hotline angerufen. Die war einigermaßen verblüfft, warum ich mich schon melde. „Ihre Kennung ist noch gar nicht freigeschaltet. Das machen wir immer einmal täglich um 23:59 Uhr.“ 11 Stunden ohne DSL finden die normal? Ich krame mein Laptop raus, schalte UMTS an und bastel einen Notfall-Router zusammen. Zumindest habe ich erstmal wieder Internet. Nur meine Emails würden noch auf meine DynDNS-Adresse zugestellt werden – und über UMTS kann ich keine eingehenden Verbindung annehmen. Und wenn ich zu lange warte, werfen die feindlichen Mailserver ihre Mails an mich weg.
16.1.10 – 0:30 (Samstag)
23:59 Uhr ist durch und ich bin sowieso noch wach, weil ich an Drupal schraube. Also mal wieder die Telekom-Hotline angerufen. Wieder eine neue Information: „Die Kollegen haben hier im Auftrag etwas vergessen. Deshalb ist die Freischaltung nicht durchgelaufen. Ich gebe das an die Technik weiter, die werden sich am vormittag bei Ihnen melden.“ Aha, also steht VDSL für „Vormittags-DSL“?
16.1.10 – 8:30
Der Vormittag ist zwar noch nicht durch, aber um 8 Uhr hatte ich einen Anruf von unbekannter Rufnummer in der Anrufliste. Und die Handy-Nummer, die die Telekom von mir hat, ist seit einem halben Jahr falsch. Natürlich lasse ich die Nummer bei jedem Anruf wieder korrigieren, aber trotzdem bekommen die das nicht hin und rufen boshaft die falsche Nummer an. Ich drücke auf Wiederwahl auf meinem Telefon und belüge den Telekom-Computer, um schnell an einen Telefonisten zu kommen. Zuerst lasse ich meine Rufnummer noch mal ändern, damit der eventuelle Techniker mich vielleicht doch mal anruft. Noch bevor ich zu meinem eigentlich Anliegen kommen kann, bedankt sich die Telefonistin brav dafür, dass ich die Handy-Nummer korrigiert habe und wünscht mir ein schönes Wochenende. Aufgelegt. Äh, aber warum ich eigentlich anrufe… Verständnislos starre ich auf die Stille im Telefon und brabbel wirre Laute. Ich brauch erst mal einen Kaffee. Während ich am Server mal wieder gucke, ob mittlerweile vielleicht doch ein PADO-Paket seinen Weg gefunden hat, kippt mein Sohn meinen Kaffee um und zielsicher in das Telefon. Super. Telefonieren geht jetzt auch nicht mehr.
16.1.10 – 10:30
Ich habe mittlerweile ein Ersatz-Telefon angeschlossen, den Kaffe 2.0 weiter weggestellt (bin ja lernfähig) und habe mich weitgehend beruhigt, um die Telekom wieder anzurufen. Diesmal ist ein älterer Herr an der virtuellen Strippe. Nachdem er sich durch die Historie gelesen hat (muss schon etwas länger sein, denn es dauert locker eine Minute, bis er sich ein Bild gemacht hat), erfahre ich zumindest, dass es ein Problem in der Vermittlungsstelle gibt, bei der die Bauaufsicht helfen muss. Optimistisch aber leicht genervt frage ich ihn, wieviele Minuten bis zur Entstörung das denn bedeutet. „Ich weiß nicht mal, ob die am Wochenende überhaupt arbeiten.“ Warum war mir klar, dass er das sagt? Ich bringe meine letzte Höflichkeit auf und bekomme ihn immerhin motiviert, sich der Sache anzunehmen. Er will sich erkundigen, ob er die Bauaufsicht irgendwie erreicht bekommt und will sich wieder melden.
16.1.10 – 10:50
Der Telekomiker ruft mich an. Immerhin – ich hätte nicht mal damit gerechnet. Er klingt so, als ob ihn sein Deo langsam im Stich lässt, und erklärt mir seinen langen Weg durch die Telekom-Bürokratie. Viermal hat er sich anscheinend weiterstellen lassen und tatsächlich jemanden erreicht. Allerdings nicht von der Bauaufsicht. „Sie werden es nicht glauben, aber ihr Entstörungsauftrag ist in Bayern gelandet.“ Angeblich ist jetzt ein bayerischer Telekomiker dabei, per Fernwartung eine Vermittlungsstelle in Hamburg zu entstören. „Er hat Ihren Auftrag schon auf dem Tisch. Auf Ihrem DSLAM sind wohl nicht soviele Kunden drauf. Der Kollege meinte, er würde einfach die Ports alle ein paarmal resetten. Meistens klappt es dann schon.“ Das nenne ich mal strukturiertes Arbeiten. Ich frage, ob er mich denn anrufen könnte, wenn er der Meinung wäre, das Problem behoben zu haben. „Nein, ich glaube nicht, dass er das tun wird.“ Dann sind wir ja schon zwei, die das nicht glauben.
16.1.10 – 13:30
Von VDSL bin ich noch meilenweit entfernt. Da meine Leitung jetzt schon über 24 Stunden nicht läuft und es Samstag ist, gebe ich meine Hoffnung so langsam auf. Solange UMTS noch läuft, ziehe ich die letzte Email-Domain auf meinen Strato-Server. Das würde aber eigentlich auch bedeuten, 1,7 GB bestehende Emails über UMTS auf den Server zu schieben. Das kann ich vergessen. Eine wilde McGyver-Kombination von OpenVPN, UMTS über Laptop, IP-Forwarding an der Shorewall und statischen Routen am Linux-Gateway leitet zumindest die Emails wieder dahin, wo sie hinsollen.
Aus lauter Langeweile rufe ich die Telekom-Hotline mal wieder an. Der Telekomiker hat zumindest Verständnis dafür, dass ich etwas frustriert bin, liest sich die Historie der Ereignisse durch, findet die Geschichte über den Bayern auch kriminell amüsant und ein wenig unglaublich. Nach einer Rückfrage bestätigt er allerdings, dass tatsächlich in Bayern die einzige heute arbeitende Abteilung der Bauaufsicht am werkeln ist. Die Störung meines Anschlusses ist immer noch im System. Er hat dort meine (richtige) Handy-Nummer hinterlegt und die Kollegen wollen sich melden, sobald die Störung behoben ist.
16.1.10 – 16:00
Obwohl die Telekom mich auf dem Handy anrufen wollte, hat sie es natürlich nicht gemacht. Stattdessen fand ich einen Anruf auf dem Beantworter, dass die Leitung anscheinend defekt ist und sie am Montag (in zwei Tagen) jemanden in die Vermittlungsstelle schicken, der eine andere Leitung schaltet. Also drei Tage ohne Internet. Was hat denn der Techniker gestern gemeint, als er meine VDSL-Leitung „in beide Richtungen“ überprüft hat? Die Telekom hat so ziemlich jedes Detail vermasselt. Das Backbone der Telekom ist ja gut und schön. Aber die geballte Inkompetenz im Kampf mit der letzten Meile ist schon absurd.
16.1.10 – 19:00
Unsere Katze hat auf das Ersatztelefon gepinkelt, nachdem das erste heute morgen an einer Überdosis Koffein gestorben ist. Hat aber nicht gereicht – es funktioniert immer noch. Beschäftigt die Telekom auch Sabotage-Katzen?
18.1.10 – 11:50 (Montag)
Noch bevor ich nervös werden konnte, meldet sich freiwillilg ein Telekom-Techniker und möchte wissen, ob ich denn den 12 Uhr-Termin einhalten kann. Welchen 12 Uhr-Termin? Er hätte einen Auftrag von 12-16 Uhr, den Anschluss zu entstören. „Naja, ist dann wohl eher ein Pseudo-Termin.„, räumt er ein. Nach ein wenig Geplänkel über die technischen Unwegsamkeiten zeigt sich der Techniker schließlich erfreut: „Sie scheinen ja Ahnung von der Materie zu haben, wenn Sie die ganzen Fachbegriffe kennen. Dann können wir uns ja vernünftig unterhalten. Also mit dem Speedport 300HS haben wir immer mal Ärger. Und nur weil bei Ihnen am Modem die Sync-LED leuchtet, hat das leider nicht zu bedeuten, dass Sie bis zur Vermittlungsstelle durchgeschaltet sind.“ Allerdings kann er sich nicht so richtig vorstellen, wie man denn einen PC mit PPPOE-Software hinter ein VDSL-Modem hängen kann. „Davon hab ich ja noch nie gehört.“ Man bräuchte doch zwangsläufig einen Speedport-Router. Nein, braucht man nicht. Aber er will gleich mal rausfahren und sich dann wieder melden.
18.1.10 – 12:10
Gerade als ich im Internet etwas recherchiere, ob es besondere Einstellungen für PPPOE gibt, die ich auf meinem Debian-Gateway einstellen müsste, treffe ich auf das böse Wort VLAN. Tatsächlich benutzt die Telekom anscheinend PPPOE über VLAN bei VDSL. Über VLAN 7 kommt Internet. Über VLAN 8 käme die Werbung… verzeihung… das qualitativ hochwertige Fernsehprogramm. Mit fliegenden Fingern hacke ich in meiner PPPOE-Konfiguration, stülpe meinem Ethernet ein VLAN 7 über. Ich bin noch nicht ganz fertig, als der Telekom-Techniker mich wieder auf dem Handy anruft. Er hat die Leitung geprüft und kann keinen Fehler feststellen. Mein Setup mit dem PC hinter dem Modem stellt er allerdings nicht in Frage, „weil Sie sich ja so gut mit der Materie auskennen„. Hätte er mal lieber tun sollen. Ich bedanke mich brav bei ihm und muss mich wohl noch mal um meine eigene Konfiguration kümmern. Er gibt mir seinen Namen und ich möge bei der Hotline nach ihm verlangen, wenn es noch Probleme geben würde. Plötzlich sehe ich die Pakete über das VLAN fliegen und die PPP-Verbindung steht nach ein paar Sekunden. Der Technokrat ruft noch einmal an, um mir zu sagen, dass jetzt auch die ISDN-Leitung wieder geht, die er zu Prüfzwecken aus dem Kasten gezupft hatte. Und ich kann ihm beruhigenderweise mitteilen, dass die Verbindung da ist. Er freut sich pflichtgemäß und will seinen Chef ob seiner „magischen Hände“ um eine Gehaltserhöhung bitten.
18.1.10 – 12:40
VDSL läuft also. Das fiese VLAN war es. (Danke, Claus!) Und meine Latenz ist bei gut 30 Millisekunden. Okay. Was brauche ich denn mal? Meine letzte Knoppix-CD ist schon eine Weile alt. Also mit wget gleich mal ein aktuelles ISO gezogen. Nanu? 330 KB/Sekunde? Die gute alte DSL3000-Geschwindigkeit? Während ich schon den Hörer in Richtung Telekom in der Hand habe, fällt mir siedend heiß meine Shorewall-Konfiguration ein. Ich hab ja noch Traffic-Shaping an. Also den Bremsklotz unter den Rädern entfernt und mit 2,6 MB/Sekunde fliegt das ISO auf meine Festplatte. Es ist geschafft!
Hätte die Telekom nicht selbst so viele Details selbst verbockt und mir erzählt, die Leitung hätte ein Problem, dann hätte ich vermutlich schon am Samstag recherchiert und ein VLAN auf das Interface geklebt.
Moral
- Es gibt kein VDSL (außer vielleicht in Bielefeld).
- Glaube nicht der Verfügbarkeitsprüfung der Telekom (weder im Internet noch bei der Hotline).
- Nur weil du kein VDSL buchen kannst, heißt es nicht, dass du kein VDSL bekommen kannst.
- Nur weil du VDSL buchen kannst, heißt es nicht, dass du es auch wirklich bekommst (die Spannung ist bis zum letzten Tag da).
- Glaube keinem Techniker, der dir bestätigt, er habe die Leitung „in beide Richtungen“ gemessen und sie würde funktionieren. Lass den Techniker zu dir nach Hause kommen und schließ ihn solange im Hausanschlussraum ein, bis die Leitung funktioniert. (Nach zwei Tagen bitte Wasser und Brot hinstellen.)
- Lasse dir niemals von der Telekom deinen Internet-Anschluss an einem Freitag umstellen. Entgegen jeder Aussage fährt am Wochenende kein Techniker der Welt in deine Vermittlungsstelle.
- Es ist anscheinend eine anspruchsvolle komplexe technische Aufgabe, die richtige Handynummer zu wählen.
- Habe immer einen Plan B (z.B. Laptop mit UMTS, Freund mit Internetzugang)
- Lüge den Telekom-Hotline-Vermittlungscomputer an (sagt man „Störung“, landet man in einer längeren Warteschleife, als wenn man „Termin“, „Auftrag“ oder „Kürbiskuchen“ sagt)
- Kannst du dir einen Ausfalls der Internet-Leitung nicht leisten, lasse dir vorher eine neue legen, damit die alte in Ruhe kaputtgemacht werden kann.
- Erzähl deinen Kollegen nicht, dass du VDSL geordert hast – sie machen sich nur über dich lustig. Erfinde lieber etwas Unverfängliches über einen Termin beim Urologen oder dem Scheidungsanwalt.
- Sei lieb zu den Telekom-Telefonisten – die können nichts dafür.
- Wenn du deinen ärgsten Feind bestrafen willst, bestelle für ihn VDSL (das ist viel gemeiner, als ihn bei der GEZ anzumelden).
- Mach deine Hausaufgaben, bevor du dein ADSL-Wissen auf VDSL anwendest (VLAN 7).
Update
Nach der Mindestvertragslaufzeit bin ich übrigens zu Vodafone gegangen. Der Preis war unschlagbar (im Rahmen einer Sonderaktion). Und es soll mir niemand erzählen, dass die Telekom nicht drosselt. Seit ich bei Vodafone bin, kann ich endlich Youtube gucken. Das war mit der Telekom ständig ein nostalgischer Ausflug ins Modem-Zeitalter. Und ich meine nicht DSL-Modems sondern die klassischen 9600-Baud-Modems. Mit dem Umstieg musste ich zwar auf mein geliebtes ISDN verzichten, aber der ISDN-S0-Bus des Routers schleift mein ISDN einwandfrei durch – so kann ich auch mit Voice-over-IP leben. Dass ich den Router zweimal tauschen lassen musste, war ärgerlich. Aber die Hotline von Vodafone ist purer Luxus im Vergleich zu den Telekomikern.
Update 2.0
Mittlerweile wohne ich nicht mehr in der Stadt und bin umgeben von freundlichen Menschen, für die 2 Mbps schon eine Offenbarung sind. Hier habe ich jetzt viel Spaß mit dem Hybrid-Angebot der Telekom. Das Thema ist allerdings eher technisch anspruchsvoll und bietet weniger humoristisches Potenzial (auch wenn ich heute gerade 2 Stunden in einer Warteschleife gehangen habe, um mir sagen zu lassen, dass meine Störung behoben wurde… was ich schon wusste). Zu dem Thema veröffentliche ich voraussichtlich noch in 2017 ein eBook bei Amazon.
Sonstiges
Das kostenlose eBook von Alexander Fuchs zum Thema Internet für Zuhause handelt auch von diesem Thema.
Sehr gut geschrieben, ich konnte an einigen Stellen richtig ablachen.
‚Also schnell die Ehefrau anrufen, damit sie die Finger aus der Tiramisu nimmt und das neue Modem anstöpselt.‘
Göttlich!
Viele Grüße aus der 1&1 Fraktion 😉
Eieiei … erst kürzlich erwähnte jemand in meiner Nähe, dass man mit mancher Scheiße eben leben muss.
Recht hat er …
Grüße aus dem total großstädtischen March (Breisgau). Wenn man ein A und ein S kauft, kann man die an den richtigen Stellen in den Ortsnamen tun.
Pünktlich nach einem Jahr erfolgreichem VDSL hat die Telekom es übrigens geschafft. Mein Internet ist tot. Und zwar seit exakt dem 18.1.2011 um 21:00 Uhr. Genau ein Jahr nach Anschaltung? Das ist doch kein Zufall oder?
VDSL läuft wieder. Mein Teledat-Modem hat den Geist aufgegeben. Gut, dass die Dinger bei eBucht <2€ kosten. 🙂 Schade nur, dass die Telekom mir jetzt eine saftige Rechnung stellt, weil die Modems ja den Kunden übereignet wurden und sie dafür jeglichen Support ablehnen. Schlauer Schachzug.
Eine traumhafte Dokumentation eines VDSL-Schalttermins. So ähnlich hab ich ihn auch erlebt. Die Spannung ist vorhanden bis zu letzten Sekunde.
Wahnsinnig toll geschrieben! Danke.
You made my Day. 😀
Sehr alt, aber ich bin tatsächlich heute erst darüber gestolpert.
Dennoch, sehr schön und sehr amüsant. Was habe ich damals im Freundes- und Verwantenkreis nicht für dönekes mit den Telekomikern bei der Umstellung auf VDSL erlebt. Wobei ich die Erfahrung gemacht hatte, dass Umstellungen am Montag noch mehr Probleme gemacht haben.
Zum Glück geht das heute deutlich reibungsloser vonstatten — zumindest meistens.
Wir haben Mitte 2019 endlich VDSL bekommen — in Bochum, mittenim Pott, allerdings an der Stadtgrenze — und hatten null Schwierigkeiten. Im Gegenteil, für 11 Uhr war die Abschaltung der alden ADSL-Leitung angekündigt und zwischen 15 und 18 Uhr solte VDSL angeschalten werden. Da ich unplanmäßig zur Arbeit musste, habe ich gegen 10:30 das ADSL-Gedöns demontiert und den Speedport angeklemmt und spaßeshalber eingeschaltet. Und ich bekam eine Verbindung! Schnell die Konfiguration erledigt und alles lief — ne viertel Stunde bevor die alte ADSL-Leitung abgeschaltet werden sollte. An der Haustür treffe ich den Techniker der Telekom der mich etwas verwundert anguckt, als ich ihm sage, dass die Leitung problemlos mit etwa 53 Mbit läuft (trotz Outdoor-DSLAM sollten nur 50 Mbit ankommen — die sind auch nur bestellt).
So, oder so ähnlich, lief das bei allen Nachbarn ab, denen ich bei der Einrichtung geholfen habe, oder mit denen ich mich über deren Umstellung unterhalten habe.
Ich finde es wirklich erstaunlich, vor allem aber sehr erfreulich, wie gut die Telekom mitlerweile den Umstieg auf VDSL hinbekommt.
Ich wünsche Dir alles Gute Christoph (und ich fände es spannend mal zu höhren, wie Internet auf dem Land heute funktioniert)
Das freut mich, dass es bei euch so gut geklappt hat. Auf dem Land mit Magenta-Hybrid war es ein permanentes Abenteuer. Seit einem Jahr haben unseren Stadtwerke uns mit Glasfaser verwöhnt. 300-1000 Mbps je nach Geldbeutel. Es ist großartig. Am gruseligsten waren die Versuche der Telekom, uns von der Kündigung abzubringen. „Was müssten wir tun, damit wir Sie als Kunden behalten?“ Ich bin ein höflicher Mensch, aber da konnte ich das Lachen nicht vermeiden.