Nach meinem Fahrschulwechsel lerne ich endlich meinen neuen Fahrlehrer Jens mal in Aktion kennen. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht im Vergleich zu meinen vorigen Fahrstunden. Zuerst haben wir uns unterhalten, wie mein Ausbildungsstand ist. Er war etwas erstaunt, dass ich meine Motorradtheorie noch nicht hatte. Zusätzlich zu der ziemlich blödsinnigen allgemeinen Theorie muss der Moped-Anwärter noch mehrere Stunden Theorie speziell zur Motorrad-Technik genießen. Demnächst war wohl eigentlich kein Termin geplant – mangels Beteiligung. (Die meisten Fahrschüler haben ihren Schein im Frühjahr gemacht und nicht erst im Sommer.) Aber er will sich was einfallen lassen, damit ich nicht zu lange auf die Prüfung warten muss. Ich hab ihm erzählt, dass ich 7 Fahrstunden hatte und was ich für Sorgen mit meinem vorigen Fahrlehrer hatte. Geplant waren eigentlich nur noch einmal die Grundfahrübungen und dann die Sonderfahrten. Aber Jens meinte, bevor ich die Grundfahrübungen nicht drauf habe, machen wir nicht weiter.
Das Motorrad war nicht ganz so modern wie die Kawasaki ER6n, die ich bisher gefahren bin. Es war eine Kawasaki ZR-7. Kein ABS und manueller Choke. Aber das bin ich von unserem eigenen Krad ja gewöhnt. Dann zeigte er mir, was am Motorrad vor der Fahrt geprüft wird. Die Hand wird vorne vor den Schweinwerfer und hinten vor das Rücklicht gehalten, um zu prüfen, dass genug Photonen rauskommen. Die Bremse wird auch noch mal geprüft – einzeln hinten und vorne. Das ist zwar keine Pflicht, aber das sollte ich bei der praktischen Prüfung ruhig machen, um ein paar B-Punkte beim Prüfer zu sammeln. Dann machte er die Maschine an und zog den Choke ganz auf. Der Motor tourte richtig hoch und Jens erklärte, dass man den Choke wieder zurücknimmt, sobald die Drehzahl abnimmt. Die Drehzahl hält man dann so bei 1200 Umdrehungen. Jens erklärt: „Das ist ein Vierzylinder. Der ruckelt nicht so stark wie die ER6n, die du gewöhnt bist.“
Zuerst sollte ich die Maschine auf die Straße rollen. Ich war mir zuerst nicht ganz sicher, dass Jens das wirklich ernst meint. Aber von der Auffahrt der Fahrschule auf die Hauptstraße ist es etwas eng. Anscheinend sind schon mal Fahrschüler beim engen Einbiegen durcheinander gekommen und geradeaus über die Straße in der Hecke gelandet. Das wollte ich natürlich vermeiden. Zumal ich da meinen PKW geparkt hatte. Vielleicht parke ich nächstes Mal lieber um die Ecke. 🙂
Dann ging es zum bekannten Industriegebiet am Höltigbaum. Die Schaltung war am Anfang ziemlich bockig. Die Hinterradbremse griff dafür viel schneller, als ich es gewohnt war. Und das Gas sprach später an. Aber nach ein paar Kilometern hatte ich das raus und die Fahrt war relativ entspannt. Nicht schneller als erlaubt. Abstand zum Vordermenschen halten. Noch mal die Spiegel etwas nachgestellt. Irgendwie sind die Spiegel nicht sonderlich weit außen. Ich kann nur meine eigenen Arme sehen. Hinter einem Zebrastreifen korrigiert mich Jens per Funk: „Ich glaub dir, dass du geguckt hast, ob jemand kommt. Aber beweg deinen Kopf mal deutlicher nach links und rechts, damit der Prüfer das auch sieht.“ Kein Problem.
Also am Höltigbaum angekommen. Erst sollte ich in der Kehre meine Kreise ziehen. Mit Kreisfahrten hatte ich nun überhaupt keine Probleme. Blick dahin, wo ich hinfahren will. Maschine schön runterdrücken. Und mit am wichtigsten: Kopf gerade halten. Ich war schon fast zu mutig, weil meine Füße schon auf dem Boden schleiften. Prompt kam über Funk: „Das sieht doch super aus.“ Als nächstes soll ich bis auf 30 beschleunigen und auf seiner Höhe eine Gefahrenbremsung machen. Sein Tipp: „Zieh die Handbremse so ran, als ob du einen Schwamm ausdrücken möchtest.“ Also nicht gleich voll zupacken, sondern langsam den Druck verstärken. Die erste Bremsung klappte gut. „Hast du gemerkt, dass dein Hinterrad blockiert hat?“ Hat es? Ich hörte ein leises Rutschgeräusch, aber sicher war ich mir da auch nicht. Die Fußbremse war wirklich sehr empfindlich. Also noch mal das ganze. Wieder blockiert das Hinterrad. Beim dritten Mal klappte es dann gut. Nach dem Bremsmanöver sollte ich von der anderen Seite aus meine Frustübung machen: Slalom mit Schrittgeschwindigkeit. Meinen Seufzer konnte man bestimmt trotz Helm hören.
Vor dem ersten Versuch kamen ein paar Hinweise von Jens. Ich soll schön langsam fahren. Und nicht gleich in die andere Richtung lenken, wenn ich die Richtung wechseln will, sondern immer erst den Lenker ein kurzes Stück mittig halten und geradeaus fahren. Beim ersten Versuch hat es gleich geklappt. Alle Pylonen haben überlebt. Hurra, wie geil! Jens war aber nicht zufrieden. „Du warst zu schnell. Da muss ich ja schon neben dir herjoggen.“ „Dann bist du zu langsam.„, hab ich noch zurückgewitzelt. Also das Ganze noch mal langsamer. Das geht viel leichter als mit der ER6. Die Kiste ist recht stabil. Aber irgendwie hab ich immer noch das Gefühl, dass ich nicht gleichmäßig fahre. Mal schneller und mal wieder langsamer. „Lass mal den Fuß ganz locker auf der Fußbremse und fahr schön gleichmäßig„, rät mir Jens. Das geht gut. Ich muss kein Gas geben und kann alleine mit der Kupplung die Geschwindigkeit halten. Wenn ich kein Gas geben muss, ist das schon mal eine Sache weniger, auf die ich mich konzentrieren muss. Der Fuß tendiert immer mal dazu, zu stark zu bremsen. Aber immerhin schaffe ich 4 von 6 Durchgängen ohne tote Pylonen. Der Tag ist gerettet.
Dann der lange Slalom mit 9 Metern Entfernung zwischen den Hütchen. Dann dasselbe mit 7 Metern Abstand. Was kommt in der Prüfung dran? „Kann beides sein. deshalb üben wir auch beides.„, meint Jens. Den Slalom sollte ich diesmal von links anfahren statt von rechts. Macht man das so? Jens erklärt noch einmal den Lenkimpuls: links etwas gegen den Lenker drücken, damit die Maschine nach links fährt und dann rein in den Slalom. Im ersten Versuch bin ich mit 30 reingefahren und hab dann ausrollen lassen – wie ich es immer gemacht habe. Das gefiel ihm nicht. „Du bist langsamer geworden. Versuch mal, die Geschwindigkeit zu halten.“ Okay, also auf 30 und einfach den Gashahn festhalten. Klappt. „Lenk mal nicht so stark mit den Armen und mehr mit dem Handgelenk.“ Wie soll ich mir das denn jetzt vorstellen? „Du bist zu verkrampft. Lass mal die Schultern locker runterhängen und fahr ganz entspannt da durch. Sing doch ein Lied.“ Karaoke-Choppern? Naja, stimmt schon. Ich bin wirklich sehr verkrampft. Also Schultern hängenlassen und mit maximaler Coolness durch die Pylonen. Das geht wirklich leichter. „Stell mal deine Füße dabei nicht mit der Ferse auf die Fußrasten, sondern mit den Fußballen.“ Das hört sich sportlich an, aber fährt man so? Kann ich dann noch schalten und schnell genug bremsen? „Ich fahr normalerweise immer so. Probier’s mal aus.„, sagt Jens. Das fühlt sich auf jeden Fall ergnonmischer an, denn ich muss meine Zehen nicht mehr nach oben ziehen, um das Bremsen zu vermeiden. Und ich kann die Beine leichter gegen den Tank drücken. Guter Tipp. Dann will er will das ganze noch mal mit weiteren Schwüngen sehen. Bitte sehr. „Das macht dir anscheinend richtig Spaß, oder?“ Hehe, zumindest ist es einfacher als der langsame Slalom. Außerdem hab ich den langen Slalom ja dutzendemal auf dem Übungsplatz trainiert.
Dann das Ausweichen vor einem Hindernis. Erstmal mit 30 anfahren, am ersten Hütchen die Kupplung ziehen und um das virtuelle Hindernis herumsteuern. Soweit so gut. Jetzt das ganze mit 50. Hui, das ist aber viel schwerer, als ich das in Erinnerung hatte. Die Maschine weigert sich richtig, in die Kurve zu gehen. Brauche wohl mehr Lenkimpuls. Danach Ausweichen mit Abbremsen. Also auf Tempo 50, vor dem ersten Hütchen heftig gebremst und dann gemütlich um das Hindernis getrödelt. „Was sollte das denn sein? Wenn du so stark bremst, kannst du ja auch gleich anhalten.“ Jens erklärt mir noch mal, wofür die Übung da sein soll. „Stell dir vor, da macht jemand eine Autotür auf. Du bremst nur ab, um besser lenken zu können. Und dann weichst du aus.“ Hab ich doch aber immer so gemacht. War dann wohl immer falsch. Ich soll nur einmal kurz die Bremse ziehen, damit der Lenker sichtbar runtergeht und dann sofort wieder lösen und am Hindernis vorbeifahren. Ah, okay. Also nur ganz kurz gebremst und dann drum herum. Ist genauso einfach und anscheinend das, was der Prüfer sehen will. Okay, gemerkt.
Und da war die Zeit auch schon rum und wir mussten zurück zur Fahrschule. Eigentlich schade. Aber obwohl es früh war (mittags wurden es 26°), hab ich schon ganz schön in meinen Klamotten geschwitzt. Und irgendwie war es auch anstrengend. Also nichts dagegen, wieder zurückzufahren. Auf dem Rückweg brav bei rechts vor links etwas langsamer gefahren, obwohl dort 50 erlaubt sind. Gerade als ich Gasgeben will, prescht ein LKW von rechts rein. Verdammte Sch… Vollbremsung. Das Hinterrad rutscht, aber ich komme einigermaßen sauber zum stehen. „Das gibt Ärger von Jens„, denke ich noch. Der Laster ist weg und ich will gerade weiter. Die Maschine fährt nicht an. Mist, abgewürgt. Ich trete auf der Schaltung herum, aber anscheinend bin ich im zweiten Gang und der erste weigert sich. Endlich ist er drin. Also weiter. „Fahr mal da vorne rechts ran„, kommt über Funk. Na, super, jetzt darf ich mir was anhören, dass ich zu schnell gefahren bin oder nicht ordentlich geguckt habe. Aber Jens wollte nur nachsehen, ob er die Pylonen auch eingepackt hat. Puh. Alles okay, durchatmen, es geht weiter. Nach der B75 werden zwei Spuren auf eine zusammengeführt. Schulterblick, alles okay. Doch nicht. „Du musst schon blinken, wenn eine Fahrbahnverengung kommt.“ Okay, merken.
Fazit: Der Tag mit Jens war super. Er hat mich dafür gelobt, wie gut ich insgesamt schon fahre. Er will mit mir nächstes Mal noch mal die Grundfahrübungen machen. Und dann fahren wir auch ein wenig durch die Stadt, damit er sieht, wie ich mich bei einer Prüfungsfahrt so schlagen würde. Wenn das alles klappt, wollen wir die Sonderfahrten machen. Ich habe den Eindruck, dass ich wirklich schon relativ weit bin in der Ausbildung. Und Jens will mich auch zügig zur Prüfung bringen, damit ich noch etwas vom Sommer habe. Nächste Woche geht es also weiter.